Das Projekt Kinder-der-Zukunft - eine Langzeitdokumentation
In einer der ärmsten Landfluchtregionen Europas entsteht ein Fami¬lien- und Weiterbildungszentrum mit Modellcharakter. Schon der Titel ist Programm: „Kinder der Zukunft“. Reportage über ein nicht ganz alltägliches Öko-Projekt.
Im Outback Europas - Öko-Projekt im Süden Portugals
Das Leben ist karg und ärmlich im Südwesten Europas. Nur wenige Kilometer nördlich der touristisch belebten Algarve-Küste, erstrecken sich im Hinterland des portugiesischen Alentejo braun verbrannte Hügelketten.
Erbarmungslos brennt die Sonne auf lichte Korkeichen-Savannen und geometrisch angeordnete Eukalyptus-Terassen, die unverzichtbare Rohstoffe für die einheimische Naturkork- und Papierindustrie liefern. Spätestens ab Juli herrscht hier akuter Wassermangel.
Portugal steht stellvertretend für den Mittelmeerraum, der sich von Atlantik und Mit¬telmeerregion bis ans Schwarze Meer erstreckt – mit starker Übernutzung durch den Menschen und weitgehend identischer Umweltproblematik.
Überall zeigen sich an den Berghängen Erosionsspuren, unmittelbare Folgen einer industriell geprägten Bewirtschaftungskultur. Um den Unterwuchs unter den Korkeichen im Zaum zu halten, werden die Böden regelmäßig mit spezialisierten Bulldozern umgepflügt. Dass man der Erde damit Gewalt antut, ist offensichtlich. Obendrein beraubt man sich der Chance, eine der ärmsten Landfluchtregionen Europas durch naturverträglichere Agrarformen nachhaltig wieder neu zu beleben.
In Monte do Pereirinho soll damit jetzt Schluss sein. Unter den Korkeichen an einem Barranquo am Südwestzipfel des Santa-Clara-Stausees gedeiht eine blühende Wiese. Eingestreute hohe Eukalyptusbäume säumen einen schmalen Bachlauf, der in einem Seitenarm des Sees versickert.
An den Hängen stehen ein paar halb verfallene Gebäude, die seit Jahren niemand mehr genutzt hat. Hier, in dieser abgelegenen Gegend, startet ein Projekt, dessen klangvoller Name berechtigten Anlass zu Hoffnung gibt: „Kinder der Zukunft“.
Annette und Bernd Gerken, beide Ökologen und Landschaftsschützer, betreiben hier seit Jahren mit großem persönlichem Engagement ein „Institut zur Naturerziehung“.
Was nach Internat klingt, dient ausschließlich einem Zweck: dem unmittelbaren, ganzheitlichen Dialog mit der Natur. Das Vorhaben zielt auf Harmonie, von Körper und Geist, auf das Öffnen von längst Verschüttetem oder noch Unentdecktem, die Aktivierung der eigenen verborgenen Kreativität und inneren Kraft als Motor selbstbestimmten und selbst verantwortlichen Handelns – in allen Bereichen der Existenz und von Kindesbeinen an.
Es geht um fleischlose, roh-„köstliche“ Ernährung und um alternative Agrarformen, für den darbenden Mittelmeerraum eine grüne Revolution. Naturverträgliche Nutzung heißt die Devise. Beweidungskonzepte statt Schälen der Böden, Permakultur statt konventioneller Ackerbau, solar- und windgetriebene Bewässerungsmethoden – zudem gewinnt die Region durch Bepflanzung mit wirtschaftlich ertragreichen tropischen und subtropischen Obstgehölzen an ökologischer Lebensqualität und vor allem an touristischer Attraktivität.
Wer der hektischen Enge unserer Business-Welt entfliehen will, findet hier seinen Garten Eden. Kinder, Jugendliche, Erwachsene oder Studierende erhalten die einmalige Gelegenheit über eine vertiefte Wahrnehmung und Einfühlung in die Landschaft, Arten und Lebensgemeinschaften und die sie steuernden natürlichen Prozesse kennen zu lernen.
Das Credo: auf die Natur hören – und ihren Erhalt als existenzielle Notwendigkeit im Wortsinne „begreifen".
Inzwischen haben Freunde des Projekts 50 ha Land bereitgestellt* – weitere Flächen sollen hinzukommen. Studenten der Fachhochschule Lippe und Höxter haben im Rahmen ökologischer Praktika damit begonnen, das Inventar von Fauna und Flora zu erfassen.
Die ersten Gebäude sind restauriert, als Gästehäuser, Wohnräume und Seminargebäude, eine Solaranlage liefert Strom, Wasser wird aus einer Tiefbohrung gefördert und die Hänge überziehen die Jungpflanzen von Bäumen – das Arboretum, ein Waldgarten, wächst allmählich heran.
Freiwillige, die beim Aufbau mithelfen wollen, sind – nach Bewerbung – jederzeit herzlich willkommen.
Das Projekt nimmt sich vergleichsweise winzig aus und birgt doch das Potenzial für einen weitreichenden Wandel. Im Südwesten Portugals entsteht ein im Wesentlichen universelles Konzept – denn die gewonnenen Erkenntnisse sind übertragbar auf jede klimatisch ähnliche Region der Welt.
Das Ende der Landflucht also in Südeuropa?
FRIDA steht für „frisches Darmstadt“ und den Wunsch nach sinnlicher Naturerfahrung. Die unternehmungslustige Wandergruppe südlich von Frankfurt startet demnächst unter dem Motto „Im Outback Europas – Eine Reise nach Portugal“ eine Exkursion ins portugiesische Alentejo.
Wir werden sie mit der Kamera begleiten und stellen dabei ein Ökokonzept vor, das weit mehr ist als alternativer Landbau in einem kargen Landstrich im Süden Europas.
Der Beitrag porträtiert eine einzigartige Idee. "Kinder-der-Zukunft" verbindet aktives Handel mit der Hoffnung auf künftige Generationen. Die Erfahrungen, die Initiatoren und Besucher dabei machen ist Gegenstand unserer Dokumentation.
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