Inselsplitter - Die Lord Howe Inseln im Südpazifik
Kaum 1.500 Hektar misst die Fläche der Inselgruppe in den Weiten des südlichen Pazifischen Ozeans und doch steckt sie voller Superlative. Ein Paradies für brütende Seevögel und randgefüllt mit Skurrilitäten aus dem Raritätenkabinett der Schöpfung, die einzig und allein auf Lord Howe zu finden sind.
Auf Lord Howe Island ist alles ein bisschen extrem. Es ist so winzig, dass es die meisten Landkarten glatt übersehen. Trotzdem besitzt die Inselgruppe seit Beginn der Achtziger Jahre den Status eines Welterbes der UNESCO. Den Status „Weltnaturerbe der Menschheit“ verdankt der Archipel neben seiner bizarren Schönheit der unvergleichlichen Tier- und Pflanzenwelt.
Die Hand voll scharf gezackter Inselsplitter, die rund 700 km nordöstlich von Sydney aus dem tiefen Blau des Südpazifik ragen, sind die Reste eines ehemaligen Vulkankegels, der sich als gewaltiger Seeberg vor sechs bis sieben Millionen Jahren vom Meeresboden an die Oberfläche wälzte. Seither ist Lord Howe Island ein Garten Eden der Evolution – mit einer Vielzahl endemischer Arten.
Erst als der Mensch vor fast zweihundert Jahren über das beschauliche Eiland hereinbrach, war es mit der Ruhe vorbei. Binnen kürzester Frist waren neun der fünfzehn, meist flugunfähigen Landvogelarten von Lord Howe ausgerottet.
Paradebeispiel einer geglückten Rettung ist ein Waldhuhn, das gar keines ist. Die Lord Howe Island Woodhen stelzt mit ihrem lang gekrümmten Stocherschnabel nach Kiwi-Manier durch das Unterholz. Für die frühen Seefahrer waren die braunen Rallenvögel im wahrsten Sinne des Wortes ein gefundenes Fressen.
Eine zweite Plage hätte den Laufvögeln beinahe endgültig den Garaus gemacht. 1918 kamen mit einem gestrandeten Versorgungsschiff Ratten auf die Insel. Die gierigen Allesfresser vermehrten sich explosionsartig, fraßen Eier, Kleinvögel und Insekten und trieben mehrere einheimische Vogelarten an den Rand der Ausrottung.
Ein skurriles, ebenfalls nicht flugfähiges Insekt, das im Aussehen an eine leicht geschrumpfte Bratwurst erinnert, fiel ebenfalls den Ratten zum Opfer. Auf Lord Howe ist es seit achtzig Jahren ausgestorben. Erst um die Jahrtausendwende haben Wissenschaftler ganze drei Individuen der verschollenen Stabheuschrecke auf einer Felsnadel südlich von Lord Howe wiederentdeckt.
Die Probleme, die die Anwesenheit von Menschen und ihren eingeführte Tier- und Pflanzenarten für ein winziges Inselparadies mit sich bringen, sind heute hinlänglich bekannt. Das Lord Howe Island Board bemüht sich redlich, den menschlichen „Impact“ auf die Insel möglichst gering zu halten.
Sofern die Zuchtprogramme des Australischen Museums in Sydney von Erfolg gekrönt sind und es gelingt, die Ratten endgültig von der Insel zu verbannen, stehen die Chance auch für die skurrile Stabheuschrecke nicht schlecht, eines Tages wieder in ihr angestammtes Reich zurückzukehren.
Für die Lord Howe Woodhen sehen die Zeiten schon heute vergleichsweise rosig aus: von ihnen tummeln sich heute bereits wieder mehr als 250 „Woodies“ auf Lord Howe.
Im ersten Teil unserer Dokumentation präsentieren wir ein einmaliges Naturparadies am Ende der Welt, das für unzählige Sturmtaucher, Maskentölpel und Seeschwalben zu einem der letzten intakten Brutgebiete im pazifischen Ozean geworden ist.
Wir berichten von den Maßnahmen des Lord Howe Island Boards zum Erhalt jenes seltsamen Laufvogels, der heute das Wahrzeichen der Insel ist und begleiten die Wildhüter auf ihren Kontrollgängen.
Nicholas Carlile erzählt uns von der Wiederentdeckung des „Phasmid Insect“ und Ian Kiernan, Initiator der Aktion „Clean-up Australia“, berichtet über die nicht immer einfachen Bemühungen, die ökologischen Belastungen für das winzige Inselreich in erträglichen Grenzen zu halten.
Im zweiten Teil unserer Dokumentation begleiten wir eine der Persönlichkeiten von Lord Howe Island, den Biologen und Naturschützer Ian Hutton, der Lord Howe Island zu seiner Heimat erklärt hat.
Wir schauen ihm bei der Vermessung von Maskentölpeln über die Schulter, befragen ihn zu den Wanderwegen der Seevögel und warum Lord Howe auch für sie trotz ihrer großen Anzahl so unersetzlich ist und sind Beobachter bei seinen Führungen mit Touristen.
Wir beleuchten die Vielfalt endemischer Arten der Insel, fragen nach der Entstehung des einzigartigen Inselreichs inmitten des Pazifik, nach den Aussichten für seinen Erhaltung und tauchen ein in die wolkenverhüllte Märchenwelt des Mount Gower mit seinem Reichtum seltener Pflanzen.